Inhalt: Tourbeschreibung - Karte - Roadbook
Was macht man am besten nach
bestandenem Motorradführerschein?
Die Antwort eines Bikers auf diese Frage kann nur lauten: Eine Fahrt querdurch
die Alpen!
So
gedacht, beladen wir vier Tage nach Anitas bestandener Führerscheinprüfung unser
Mopeds um mit der gebotenen Vorsicht die grobe Richtung Süden einzuschlagen. Den
Autobahnritt über die gut befahrene A81 lassen wir entsprechend gemütlich
angehen. In Meersbusch am Bodensee belohnen wir uns dafür mit einem der besten
Cappuccinos den wir je getrunken hatten und einem Bilderbuchsonnenuntergang.
Am darauf folgenden Morgen sind wir nach
wenigen Kilometern am Fuß der Alpen. Bei Sonnenschein und strahlend blauen
Himmel geht es von Lindau aus am Pfänder dem Hausberg des Bodensees vorbei nach
Bregenz. Bei Sonnenschein und strahlend blauen Himmel geht es von Lindau aus am
Pfänder dem Hausberg des Bodensees vorbei nach Bregenz. Vorsichtshalber kleben
wir noch ein 10 Tage "Pickerl", wie die Autobahn-Vignetten in Österreich
liebevoll genannt werden, neben das Pendant aus der Schweiz. Nun heißt es nur
noch aufpassen und nicht zu schnell fahren, da die Ordnungshüter in Österreich
bekanntlich besonders gründlich ihre Pflicht ausüben und sich die Überprüfung
der gefahrenen Geschwindigkeit, welche manchmal mangels geeigneter Geräte auch
geschätzten werden darf !, auch richtig etwas kosten lassen. Wir biegen vor
Dornbirn links auf die N200. Die kurvige Auffahrt nach Egg gibt Anita einen
Vorgeschmack auf die noch kommenden Kurven, Kehren und Tornantis.
Auf der gut ausgebauten Straße schwingen
wir uns entlang der Bregenzer Ache schnell auf zum Hochtannbergpass. Der erste
Pass, ein erhebendes Gefühl, welches wir mit einer kleinen Pause und einem
obligatorischen Cappuccino würdigen. Angelockt von unsern parkenden Maschinen
und der fantastischen Aussicht gesellen sich binnen weniger Augenblicke noch
weitere Mopedfahrer zu uns. Nach einigen Minuten Motorradfahrerlatein und
Benzingespräch verabschieden wir uns in Richtung Flexen- und Arlbergpass. Einige
Motorradfahrer die uns überholen, müssen jedoch vor irgendetwas flüchten, uns
fällt ansonsten keine plausible Begründung für die Teilweise atemberaubende
Fahrweise ein. "Müssen die Jungs schnell gucken, wenn sie noch was von der
Umgebung sehen wollen", schiesst es mir durch den Kopf wir ins Lechtal
einfahren. Diese Gedanken sind aber schnell vorbei, denn nun müssen wir uns für
einen Pass in Richtung Südtirol entscheiden. Anita hat noch die Worte eines
Freundes in den Ohren,
er seine Überfahrt über den Rechenpass als besonders anstrengend
und schwierig beschrieb. Die alte Brennerstraße ist auch nicht die erste Wahl,
so bleibt nur noch das Ihre bekannte "einfachere" Timmelsjoch. Also dann, mit
Anlauf durch das Ötztal und mit Schwung die ersten Kehren des Timmeljochs hoch
bis zur Zahlstelle. Anita schlägt sich prächtig. Vorsichtig und ohne Probleme
geht es weiter durchs das karge Joch bis zur Passhöhe auf 2509 Meter.
Unser Fotostop fällt auf Grund des starken Windes und aufziehender Wolken nur
sehr kurz aus. War unsere Auffahrt noch als einfach einzustufen, so gestaltet
sich die Abfahrt nach Italien schon etwas anspruchsvoller. Der Straßenbelag der
ehemaligen Militärstraße zählt mit Sicherheit nicht zum Besten was die Alpen zu
bieten haben. Die engen Kehren erfordern ihrerseits auch mehr Konzentration und
fahrerischen Einsatz, ganz besonders dann, wenn die Kurventechnik noch nicht so
perfekt ist. Im weiteren Straßenverlauf kommen noch viele unbeleuchtete
Tunnels,
die Teilweise feucht und mit kurzen
Eispassagen versehen sind hinzu und fordern nach besonders vorsichtiger
Fahrweise. Diese zehrt jedoch erheblich an den Kräften. Wir sind in der Hälfte
des Passeiertals, als Anita am rechten Straßenrand anhält. Die Kurven und die
Streckenlänge fordern Ihren Tribut. Am liebsten würde sie die Suzuki in die Ecke
stellen und Feierabend machen. Nach ein paar Minuten Erholung können wir wieder
weiterfahren. Zum Glück sind die nächsten Kilometer gut ausgebaut, so dass
wir zügig weiter kommen und bald in Meran Quartier machen. "Ich habe fertig",
Duschen, Essen und ins Bett, für einen Neuling war die heutige Tagesetappe schon
sehr anspruchsvoll und anstrengend. Beim Frühstück zuckt Anita schon bei dem
Wort "Pass" zusammen. Wahrscheinlich hatte sie im Traum das Motorrad mehrmals
alle Alpenpässe rauf und runter geschoben. Das Ziel "Gardasee" und mein
Versprechen die heutige Strecke kürzer und weniger anstrengend zu gestallten,
lassen Ihre Augen aber wieder strahlen. Die Überfahrt des
Gampenjochs nach Fondo bringt auch das Selbstvertrauen wieder zurück, welches
gestern
doch erheblich gelitten hatte. In Dermule "müssen" wir in einer Kurve
anhalten, da direkt vor uns der Kellner einer Eisdiele eben dabei ist Stühle,
Tische und Sonnenschirme an die Straße zustellen. Bei sommerlichen Temperaturen,
welche sich zwischen 25°C und 30°C bewegen, kommt uns diese Kühlung gerade gelegen.
Wir suchen uns einen schattigen Spannerplatz zum Beobachten des vorbeifahrenden
Verkehrs. Wir haben unsere Bestellung noch nicht richtig aufgegeben, da kommt
wie von einem Magneten angezogen die nächste Motorradgruppe. Die Jungs waren
erst vorbeigefahren, wendeten aber nach einigen Minuten um sich zu uns zu
gesellen. Das ist schon eine muntere Truppe aus dem Ruhrpot, die auf 6 oder 7 Motorrädern teilweise etwas betagteren und teilweise ramponierten Maschinen
unterwegs sind. Ihr Anführer, in seinem braunen Lederanzug sieht aus, wie eine
Mischung aus Buffalo Bill, Winnetou und Lederstrumpf in einer Person. Er
berichtet in farbigen Bildern von Ihrer gestrigen Tour übers Timmelsjoch.
Der Kollege zu seiner Linken, der beim
Herlaufen schon leicht humpelte, hatte sich und sein Motorrad gestern nach einer
zu flotten Kurve hinter einer Vorgartenmauer mit leichten Verletzungen wieder
gefunden. Ihm sei mal kurz die Straße ausgegangen, weil ihm seine
"vollgasfeste Perle" als Anpressdruck auf dem Sozius fehlte, erzählt er uns weiter.
"... da haben wir noch die Brocken eingesammelt, den Bock gerichtet und dann
noch kurz am Krankenhaus vorbei und weiter;
davon lassen sich doch "echte Biker" nicht die Tour
versauen. " Wir sind doch schließlich keine Memmen!" kommt es noch im Chor von der Seite
bevor wir uns Richtung Gardasee verabschieden. In Riva del Garda tobt wie man landläufig zu sagen
pflegt: "Der Bär". Das sonnige Wetter am Wochenende lockt scheinbar alle
Italiener aus Mailand und Umgebung zum Surfen und Baden an den See. Die Fahrt
entlang des Sees gestaltet sich als Stop and Go rollen von Riva bis Garda. Auf
der Halbinsel Sirmeone werden wir diese Nacht verbringen. In der Nähe unseres
Hotels in einer ausgesprochen edlen Tratoria lassen wir uns mit gehobener
italienischer Küche verwöhnen. Pasta alla Garda, Seeteufel und einen guten Wein,
lassen uns die Jochs und Kehren schnell vergessen. Das nächste Steckenstück am
folgenden morgen zum Lago die Lecco, einem Zipfel des Lago di Como, führt uns an
Brescia und Bergamo vorbei über ein kurzes Stück Autostrada. Da die Landschaft
auf dieser Strecke ist wenig einladend so suchen wir uns für unseren nächsten
Halt ein Plätzchen in Como direkt am See.
Gigantisch, einfach nur gigantisch ist hier die
Umgebung. Das hätte was, hier in einer der Villen direkt oberhalb des Sees, die
sich in Terrassen die Hänge bis hinunter zum Wasser erstrecken leben zu können.
Seufz! In Argegno stauen sich die Busse und Camper an einer Baustelle und
engen Ortsdurchfahrt, so das nur Fahrzeuge auf zwei Rädern vorbei kommen. Da
lacht das Bikerherz im vorbeifahren. Bei Menaggio verlassen wir den Comer See
und biegen nach links in Richtung Lugano ab. Da es langsam wieder Zeit wird, ein
Hotel für die nächste Übernachtung zu suchen, folgen wir einem recht
ansprechenden Schild und fahren vor Perlazza nach rechts, direkt auf die Berge
zu. In engen Windungen erklimmt ein immer schmalerer werdender Weg den Hang.
Irgend wo müsste doch endlich das Hotel kommen, denke ich als wir durch ein
kleines Bergdorf fahren. Anitas Unmut wird anhand ihrer Gesten sichtlich größer.
Der Weg hat mittlerweile noch gerade eine
Wagenbreite und die Steigung dürfte mehr 20% betragen, als Sie mir
unmissverständlich ein Zeichen zur Umkehr gibt. Solche Steigungen hab ich vorher
auch noch nicht erlebt. An einer Hauseinfahrt können wir zum Glück unsere
Maschinen gefahrlos wenden. Von hieraus sehen wir auch, wie sich die Straße noch
einige Kilometer den Berg entlang mit ähnlicher Steigung zu einem weiteren
kleineren Bergdorf schlängelt. Die Aussicht auf ein vielleicht nicht vorhandenes
Hotel, bestätigt den Entschluss umzukehren. Die Suche nach einem Hotel in
Prelazza gestaltet sich etwas schwierig, die meisten sind voll oder von einer
landestypisch einfachen Art, das der verlangte Preis mehr den Wochen- als den
Übernachtungspreis hätte darstellen können. Man spürt hier schon die Nähe
zur Schweiz, aber dazu waren wir nicht bereit. Nach einer kurzen
Tunneldurchfahrt fahren wir im Abstand von wenigen Metern direkt am Luganer See
entlang. An einem Schild mit vier goldenen Sternen gebe ich Anita ein Zeichen
anzuhalten.
"Meinst Du wirklich wir sollten hier wegen
einer Übernachtung nachfragen?" kam mir ungläubig entgegen. "Wieso eignendlich
nicht, fragen können wir ja mal" antwortet ich und fahre die recht steile
Einfahrt den Berg hinauf direkt in eine Tiefgarage. Nach der kurzen Besichtigung
der Zimmer und der Anlage checken wir für diese Nacht im Parco San Marco ein.
Der Blick vom Bett aus auf den Luganer See und die in mehren Ebenen in den Berg
integrierte Hotelanlage lassen uns den Preis für eine Nacht, der
hier trotz Italien in schweizer Franken zu zahlen ist, vergessen. Um die
tollen Wellness-Einrichtungen auch richtig zu nutzen zu können, sollten wir uns
beim nächsten Besuch etwas mehr Zeit nehmen. Die nahe Schweizer Grenze nach
Lugano überfahren wir nach wenigen Minuten auf der Uferstraße.
Majestätisch erhebt sich der Monte San Salvatore, der dem Zuckerhut nicht
unähnlich sieht über die geschwungene Lugander Bucht. Dies und das mediterrane
Klima haben Lugano den Beinamen das kleine "Rio de Janeiro" Europas
gegeben. Uns treibt es weiter ins Tessin. Vor Bellinzona hat die Polizei die
Straße gesperrt.
Wir können jedoch nicht erkennen was der Grund
für die Unterbrechung ist und so fahren wir so weit als möglich vor, um uns
einen Überblick über die Situation zu verschaffen. In diesem Moment schießt ein
buntbemaltes Fahrzeug mit Fahrrädern auf dem Dach mit hoher Geschwindigkeit an
uns vorbei. Links und rechts der Straße verdichten sich laut johlende
Menschengruppen und bilden in der Mitte eine schmale Gasse. Während wir unsere
Maschinen abstellen kommen noch weitere Autos mit Rädern auf dem Dach und
Polizei auf Motorrädern an uns vorbei. Das nächste Fahrzeug hat eine alles
übertönende Tröte auf dem Dach. Aus dem Lautsprecher können wir in einem
italienischen Geschrei etwas wie "Giro d'Italia" hören. Da taucht auch schon der
erste Radrennfahrer auf und vor ihm her ein Motorrad, auf dem ein
Kameramann verkehrt auf dem Sozius sitzend akrobatische Gleichgewichtsübungen
vollziehen muss, um bei der rasanten Fahrt durch den nahen Kreisverkehr beim
Filmen nicht vom Moped zu fallen. Es ist atemberaubend mit welchem Tempo diese
Jungs auf Fahrrädern an uns vor bei ziehen. Helm ab!
Schon tauchen die Verfolger auf, unter Ihnen auch
Ulrich und Zabel vom Team Telekom. Die Begeisterung der Zuschauer ist einfach
grandios, als das Feld mit ca. 100 Fahrern link und rechts durch den
Kreisverkehr rast. Wenige Augenblicke später ist der Spuk vorbei. Die Zuschauer
stürmen in Ihre Autos um schnell zum nächsten Streckenpunkt zu fahren, wir
hingegen sind von der Stadt so angetan, das wir auf einen Hügel mit einer Burg
einen Überblick verschaffen wollen. In kurzen Schwüngen führt der steile Anstieg
durch ein Laubwäldchen zur Sasso Corbaro, der höchstgelegenen der drei Burgen in
Bellinzona. Hier bietet sich uns ein traumhafter Blick über die Stadt zum Castel
Grande, welches in diesem Jahr in die Liste der Weltkulturerbe aufgenommen
wurde, und weit in die Leventina hinein. In der ehemaligen Wehranlage befindet
sich im Burghof die gleichnamige Osteria, ein "kulinarischer Geheimtip" wie sich
bald herausstellen sollte. An den schweren Holztischen die sich unter Schatten
spendenden Weinreben befinden sitzen einige gut gekleidete Geschäftsleute beim
Mittagessen.
Bei uns kommt das Gefühl auf, das wir mit
unseren "eleganten" Mopedklamotten etwas "overdressed" erscheinen, jedenfalls
haben auch wir einen teueren "schwarzen Anzug" an, . Bevor wir diese Gedanken
weiter führen können, steht Herr Athos Luzzi der Koch in seiner weißen Jacke bei
uns am Tisch und lässt uns mit seinem Vortag über die möglichen Köstlichkeiten
das Wasser im Munde zusammenlaufen. Pilz-, Lamm und einige
Süsswasserfischgerichte könne er uns heute anbieten. Unser eigentlicher Wunsch
nur eine Pasta oder Pizza zu Mittag zu essen, wurde angesichts der Ausführungen
schnell zunichte. Ein ganzes Menü, auch wenn es sich noch so toll anhört, ist
uns schlichtweg zu viel. Für Herrn Luzzi stellt dies kein Problem dar, für uns
gibt auch nur ein einfaches Gericht. Wir entscheiden uns für zwei leichte
Fischgerichte nach traditionellen Tessiner Rezepten, die unsere Erwartungen
jedoch mehr als übertrafen. Das wir hier in einem Gourmettempel gelandet waren,
wurde uns mit jedem Bissen mehr und mehr bewusst. Deshalb wunderten wir uns auch
nicht über den gehobenen Preis. Uns war ja auch bekannt, dass die Schweiz immer
schon teuer als Deutschland oder Italien war.
Die Osteria Sasso Corbaro kommt jedenfalls
auf der Liste der Orte, für die wir uns beim nächsten Mal mehr Zeit nehmen
werden. Die Fahrt durchs Val de Leventina in Richtung St. Gotthart führt über
weite Strecken parallel zur Autobahn N2 die bei Ariole im Gottarttunnel
verschwindet. Ein Stück unseres Weges zum Gotthardpass führt uns über die alte
Kopfsteinpflasterstraße.
Sie lässt uns nur erahnen wie die Menschen in früherer
Zeit diese Alpenberge überwinden konnten. Der nachfolgende Steckenverlauf bietet
uns auf sehrgutem Straßenbelag breit ausgebaute Kurven, die man sehr flüssig
fahren kann. Der Fluss wird nur durch Wohnwagen und Camper, die wohl das Geld
für den Tunnel sparen wollen, gebremst. Mit einiger Vorsicht, sind diese
langsameren Fahrzeuge jedoch trotz des Gegenverkehrs gut zu überholen. Auf der
Passhöhe ist nimmt die Straße fast autobahnähnliche Formen an und verleitet
dazu, das Tempo unangemessen zu erhöhen. Einige Kurven werden unter
Umständen, besonderes wenn man sich in der Eindrucksvollen Landschaft verliert,
auch mit der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit recht eng. Die Aussicht hier
geradeaus zufahren, sorgt angesichts der zu erwartenden Höhendifferenz für
einiges Unbehagen in der Magengegend. Auch die wechselnden Licht und
Sichtverhältnisse bei Tunnel- und Galleriefahrten in Verbindung mit sich
anschließenden Kehren, können für richtige Adrenalinschübe sorgen.
Diese musste auch Anita erfahren, als sie
ihren Bremspunkt am Ausgang eines Tunnels recht spät wählte und die nachfolgende
Kehre gerade noch so, getreu dem Motto: Wer bremst verliert!, mit
reichlich Schräglage durchfahren konnte. Die sich zwei Serpentinen weiter
bietende Parkbucht wurde sofort zur Pause angesteuert, da sich mit wackligen
Knien noch schlechter fahren lässt. Die weitere Abfahrt bis zum
Vierwaldstäter See gestaltet sich streckentechnisch weniger anspruchsvoll,
kann dafür aber mit einigen sehr schönen Landschaftsimpressionen aufwarten. Der
Schweizer Nationalstolz spiegelt sich in vielen Vorgärten in Form einer
gehissten Schweizer Fahne wieder. Auf unserer Weiterfahrt durch die Schweiz
konnte ich noch 234 weitere mehr oder weniger große Vorgartenbanner zählen. Was
würde der Rest der Welt wohl dazu sagen, wenn in Deutschland nach unser
unrühmlichen Geschichte, diese Form "Flagge" zu zeigen wieder in Mode kommen
würde?, geht es mir durch den Sinn. Die imposante Kulisse der Berge an der
geschichtsträchtigen "Tellplatte" lädt uns zu einer kleinen Rast ein.
Während eines guten Stücks Erdbeerkuchen
und einem, wie soll es anders sein, Capuccino rufen wir uns die Geschichte von
Wilhelm Tell, welcher hier Zielübungen mit der Armbrust durchführte die
dann später von Friedrich Schiller seinerzeit eindrucksvoll in Szene
gesetzt wurden, in Erinnerung. Auch dies ist einer jener Plätze, an denen man
eine ganze Weile über Sinn und Unsinn des Lebens nachdenken könnte. Doch dafür
haben wir wie so oft keine Zeit. Unser nächstes Ziel führt uns weiter entlang
des Vierwaldstäter- und Zuger Sees direkt nach Zug. Hier übernachten wir in
einem Hotel, welches Anita von ihren beruflichen Aufenthalten her kennt.
Die kurze Entfernung nach Zürich bringt mich auf die Idee, meinen Cousin Timo zu
besuchen, der ebenfalls ein begeisterter Motorradfahrer und Taucher ist und mit
seiner Freundin in einem Vorort von Zürich lebt, zu besuchen. Nachdem ich die
Telefonnummer bei meiner Tante erfragt hatte, müssen wir nur noch kurz anrufen
und unseren spontan Besuch anzukündigen, damit wir nicht vor verschlossenen
Türen stehen. Außerdem erhalten wir so auch noch die genaue Wegbeschreibung. Der
nachfolgende Abend wird länger und länger, da die Themen übers Motorradfahren
und Tauchen nicht enden wollen. Wäre mir heute Mittag die Idee mit dem
Besuch etwas früher eingefallen, könnten wir uns die Nachtfahrt über den
benachbarten Pass nach Zug und die Übernachtung im Hotel schenken. Ein weiterer
Punkt für die "nächstes Mal-Liste".
Am nächsten Morgen weckt uns die Sonne recht früh und verspricht
auf Grund der jetzt schon hohen Temperatur von über 20°C einen sehr warmen
Sommertag. Wir verzichten auf das Frühstück im Hotel, welches uns mit 18
Franken pro Nase auch etwas überzogen scheint. Stattdessen brechen wir gleich
auf und holen dieses im nächsten McDonalds nach. Auch der golden Bogen hat hier
saftige Preise. Das Mc-Frühstück mit einem Croissant, Kaffe und O-Saft ist fast
doppelt so teuer wie zu Hause in Deutschland. Die folgenden Kilometer nach
Schaffhausen fallen eher unter die Kategorie nicht besonders empfehlenswert. Da
der Rheinfall laut Informationsaushang am Eingang zur Besichtigungsplattform zur
Zeit nur wenig Wasser führen soll, finden wir die immer noch gewaltigen
Wassermassen, welche sich direkt vor uns in die Tiefe stürzen mehr als
beeindruckend. Ein positiver Nebeneffekt ist die hier vorhandene und heute
angenehme Kühlung durch das zu feinen Nebel zerstäubendem Wasser. Die
Außentemperatur hat mittlerweile die 30°C Marke weit überschritten, obwohl es
erst später Vormittag ist und die richtig heißen Stunden noch kommen sollen.
Kurz nach Schaffhausen verlassen wir die Schweiz und fahren weiter durch den
Schwarzwald über Villingen Richtung Rottweil.
An einer schönen Wiese finden wir neben
einem Wegkreuz unter einer Baumgruppe ein schattiges Plätzchen für eine
Ruhepause. Mit dem kurz vorher gekauften Käse und Brot lassen wir hier in
ausgesprochener Picknickromantik so richtig die Seele baumeln. Interessiert
verfolgen wir, wie einige Greifvögel ihre Revierkämpfe genau über uns austragen.
Sie stürzen sich auf einander und vollführen akrobatische Flugmanöver die jeden
Jetpiloten hätten vor Neid erblassen lassen. Schön dass es so etwas bei uns noch
zu sehen gibt, denke ich bei mir als wir weiter Richtung Rottweil fahren.
Über Bad Horb fahren durchs Nagold Tal nach Calw. In Höhe von Nagold zeigt das
Thermometer auf meiner VFR stolze 38°C an. Unsere Wasservorräte, jeweils 2
Wasserflaschen die wir seitlich neben unser Gepäck gepackt haben, sind bald
aufgebraucht. die letzten Tropfen wären auch als lauwarmer Tee durch gegangen,
zu mindest von der Temperatur her. Trotz Fahrtwind und offener Jacke rinnt uns
der Schweiß. Die extreme Wärme macht uns richtig müde. In Calw kehren wir
deshalb in unserer Stamm-Eisdiele ein. Diese Eisdiele in der Fußgängerzone wird
für uns ein beliebter Rastpunkt auf Anitas Hausstrecke. Die letzten Meter nach
Hause führen uns noch vorbei am Glems-Eck, an der ehemaligen
Solitude-Rennstrecke. In mitten von einer Vielzahl von Motorrädern können wir
nun bei einem Cappuccino und jeder Menge Motorradgespräch unsere Reise
gebührend ausklingen lassen. Außerdem genießt es Anita nach den 1500 Km der
letzten Tage nun doch ein "echter Biker" zu sein.
kommt noch
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